Kristall-Palast Magdeburg e.V.
Im Laufe unserer Vereinsarbeit haben wir neben der reichhaltigen Geschichte rund um den Kristall-Palast auch viele ehemalige MitarbeiterInnen und Künstler des einstigen Glanzhauses angetroffen, deren persönlichen Erlebnisse, Geschichten und Eindrücke viel zu wertvoll sind, um in Vergessenheit zu geraten. Da diese Erzählungen ungemein wichtig sind, um das Bild rund um den Kristall-Palast zu vervollständigen, wollen wir hier nach und nach die Anekdoten veröffentlichen, die uns erreichen; einen herzlichen Dank für alle Einsendungen!
Eine Geschichte aus dem Arbeitsleben im Kristall-Palast
von Ullrich Braune
Im März 1962 fand in Magdeburg der VII. Bauernkongress der DDR statt. Zu dieser Zeit wr ich im Kristall-Palast als Assistent der Geschäftsleitung tätig. Der Höhepunkt des Bauernkongresses sollte derBesuch Walter Ulbrichts sein, der alle Teilnehmer des Kongresses begrüßen wollte. Nun geschah folgendes: Am Tag vor dem Bauernkongress mussten alle Mitarbeiter des Kristall-Palastes das Gebäude verlassen. Wir sahen, dass ein geschlossener LKW rückwärts an den Bühneneingang fuhr. Irgendwie mutete alles sehr geheimnisvoll an. Nach ca. 1 Stunde durften wir dann wieder das Haus betreten und unsere arbeit fortsetzen. Natürlich rätselten wir alle im Stillen, was nun eigentlich geschehen war, aber keiner fand zu diesem Zeitpunkt eine passende Erklärung...
Aber dann, als der Kollege Heinz Drieling und ich die Glühbirnen im Kronleuchter überprüfen sollten und dazu auch den Dachboden betreten mussten, erfolgte die Lösung des Rätsels. Wir sahen einige Männer, die im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit auf dem Dachboden stationiert waren, um die Sicherheit des Besuches von Walter Ulbricht zu gewähren und eventuelle Ausschreitungen zu vermeiden. Die Männer mussten liegen, da der Dachboden nur in gebückter Haltung zu betreten war. Man hatte sie mit Essen und Getränken ausgestattet.
Leider war dieser ganze Aufwand umsonst, denn der Genosse Ulbricht hat sein Kommen abgesagt. Baer das ganze Prozedere für uns Angestellte begann von vorn. Am nächsten Tag mussten wir wieder das Haus verlassen und es kam wieder ein LKW, um die Personen von Dachboden abzuholen.
Aber wir machten uns im Nachhinein so unsere Gedanken: zu essen und zu trinken hatten ja die Stasi-Männer, aber wo haben sie das Verdaute gelassen?